Wie du deine Kleidung nachhaltig nutzen kannst

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INTERVIEW | Das noch junge Projekt auftragen entstand im Herbst 2019. Damit möchte Gründer Michael Rauh ein Zeichen setzen, dass Kleidung, die noch in Ordnung ist, nicht entsorgt, sondern weiter getragen werden kann. Ein kleiner Button macht dabei erkenntlich, dass es sich um Secondhand Mode handelt. Warum zeigen, dass die Mode, die man trägt, gebraucht ist? Das erfährst du im Interview mit Herrn Peschka vom Projekt auftragen.  

LifeVERDE: Herr Peschka, bitte stellen Sie uns das Projekt auftragen einmal kurz vor.

HERR PESCHKA: Auftragen ist eine Initiative, die Bewusstsein schaffen möchte für den nachhaltigen Umgang mit Kleidung. Wir, das sind aktuell Michael, Marina und ich, wollen Menschen sensibilisieren und zum Nachdenken bewegen. Unser Aufruf ist mit den vorhandenen, begrenzten Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen.

Projekt-Gründer Michael Rauh

Wie ist die Idee hinter auftragen entstanden? 

Entstanden ist die Idee im Herbst 2019. Bei der Auswahl der Kleidung zu einem Geschäftstreffen entschied sich mein Kollege dafür, seinen in die Jahre gekommenen Anzug zu tragen. Dieser war zwar schon etwas aus der Mode, aber ansonsten noch in Ordnung. Er wollte bewusst ein Zeichen setzen – gegen die heute oft vorherrschende Konsum- und Wegwerfmentalität –, dass man Kleidung, die in Ordnung ist, nicht entsorgt, sondern weiterträgt.

Die Reaktion seiner Kunden auf das altmodische Outfit war pure Irritation. Man konnte ihnen an den Augen ablesen, was sie dachten: Kann er sich keinen neuen Anzug leisten? Ist das überhaupt ein Profi? Kann man ihn ernst nehmen?

Mein Kollege aber fand es unsinnig, von einem – der Kleidung – auf das andere – Kompetenz – zu schließen. Andererseits konnte er es seinen Kunden auch nicht übelnehmen. So zu denken, ist eben Alltag. Wie könnte man das ändern? Eine einfache, aber effektive Antwort liefert unser Projekt “auftragen”: Wenn ich sofort deutlich machen kann – beispielsweise durch einen Button –, dass ich bewusst ältere Kleidung trage, dann hätten andere dafür sicherlich Verständnis. Womöglich würden sie es sogar gut finden.

​So entstand jedenfalls die Idee, der Bekleidung, die man aufträgt, durch Kennzeichnung eine Bedeutung zu geben: Ich trage auf – mir ist ein nachhaltiger Umgang mit Kleidung wichtig.

Was kann man tun, um den auftragen Button zu bekommen und welche Vorteile hat man, Teil von auftragen zu sein?

Es gibt aktuell zwei Möglichkeiten, an einen Button zu kommen. Entweder man schreibt mich an hannes.peschka@web.de. Dann schicken wir einen Button zu. Oder man besorgt sich einen Button direkt bei einem unserer Kooperationspartner im Laden. Bisher sind das ein Unverpacktladen und eine Änderungsschneiderei. Informationen über aktuelle Kooperationspartner gibt es auf unserer Website www.auftragen.com oder auf Instagram unter @auf.tragen.

Wie stehen Sie zu der Aussage „Kleider machen Leute“?

Es liegt in der menschlichen Natur, fremde Personen zunächst nach ihrem Äußeren zu beurteilen. Das ist, evolutionspsychologisch gesehen, seit jeher ein äußerst nützliches Verhalten, um in Sekundenschnelle zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Deswegen kann es auch heute noch clever sein, sich so zu kleiden, wie es im jeweiligen Umfeld als angemessen gilt – einfach, um leichter Kontakt aufzunehmen.

Für mich bedeutet auftragen nicht, sich unmodisch zu kleiden. Es bedeutet, sich bewusst zu fragen, ob ich wirklich neu kaufen muss. Auftragen statt angeben!

Auftragen steht für: nutzen, was da ist, für reparieren, leihen, tauschen, gebraucht kaufen. Erst wenn all dies nicht mehr sinnvoll oder möglich ist, heißt es: neu kaufen. Und wenn ich neu kaufe, dann achte ich darauf, umweltbewusst zu kaufen. Fündig wird man hier unter dem Schlagwort “fair fashion”. Eines sei noch betont: Uns ist es wichtig, keine radikale Meinung zu vertreten und Menschen zu verurteilen. Wir möchten stattdessen möglichst viele anstoßen, kleine Schritte in die richtige Richtung zu gehen.

Welche aktuellen Trends und Entwicklungen finden Sie im Bereich nachhaltige Mode besonders spannend?

Besonders im Bereich „fair fashion“ entstehen immer mehr Startups, die für nachhaltige Kleidung stehen. Aber auch gestandene Organisationen werben mit immer populärer werdenden, grünen Kleidungslinien oder mit klimaneutraler Produktion. Hier ist es jedoch dringend notwendig, einen genauen Blick auf die tatsächliche Produktionskette zu werfen und zu überprüfen, ob nicht nur aus Marketingzwecken “green washing” betrieben wird.

Und welche Bedingungen der Mode Branche würden Sie gerne ändern, damit Kleidung länger getragen und das Thema nachhaltiger betrachtet wird?

Vor kurzem, am 24. April, jährte sich einer der schwärzesten Tage in der Textilindustrie. Der Einsturz des Fabrikkomplexes Rana Plaza, bei dem mehr als 1000 Menschen starben. Risse im Gebäude waren bereits Tage vorher bekannt, die Arbeiter*innen wurden jedoch gezwungen weiterzuarbeiten. Darunter vor allem Näherinnen. Weltweit gibt es 40 Millionen Textilarbeiter – 4 Millionen alleine in Bangladesch. Davon sind 85% Frauen, die für weniger als drei Euro am Tag arbeiten. Die Arbeitsbedingungen, unter denen diese Menschen Textilien herstellen, sind immer wieder Thema. Außerdem: Dass die Textilindustrie auch einer der größten Umweltsünder ist, haben viele Menschen nicht auf den Schirm.

Ein für mich erstaunlicher Fakt ist, dass die Kleidungsindustrie so viel CO₂ ausstößt wie Luft- und Schifffahrtsverkehr weltweit zusammen. Die Relevanz von Klimaschutz ist unbestreitbar. Auch die Popularität der Fridays-for-Future-Bewegung macht das deutlich. Und hier möchten auch wir ansetzen!

Was wünschen Sie sich für auftragen in der kommenden Zeit und gibt es neue Ideen, an denen Sie arbeiten möchten?

Da wir mit auftragen noch in den Kinderschuhen stecken, wünsche ich mir zunächst größere Aufmerksamkeit für unsere Idee. Mehr Reichweite hilft, unsere Ziele umzusetzen und tatsächlich eine Wirkung zu erzeugen. Dafür ist dieses Interview sicherlich auch schon von Vorteil 😉

Eine Verstärkung in unserem Team wäre außerdem hilfreich, um Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen.

Außerdem möchten wir neben dem bisherigen Button auch andere Produkte mit unserem Logo entwerfen. Wir sind hier mit verschiedenen Partnern in Kontakt. Holz und Kork wären meine favorisierten Grundstoffe. Alle Neuigkeiten findet man natürlich auf unserem Instagram-Account oder auf unserer Website.

Lies auch: Gemütlich zu Hause mit nachhaltiger Homewear

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